J. F. FOURASTIE zur wachsenden Bedeutung des
Dienstleistungssektors
GLIEDERUNG
1. Definition des Strukturbegriffes
und des Strukturwandels in der Volkswirtschaft
2. Das Fourastiésche
Modell:
2.1. Definition der
Übergangsperiode, des technischen Fortschritts und der Produktivität
2.2. Die Einteilung der
gesamten Volkswirtschaft in drei
Sektoren nach Fourastié
2.3. Der Einfluss des
technischen Fortschritts
auf die gesamte
Produktion und Beschäftigung
2.4. Die Bedeutung des
individuellen Verbrauchs
im Fourastiéschen
Modell
2.5• Die Entwicklung des Dienstleistungssektors
innerhalb der Übergangsperiode
2.6. Wie Fourastié die Zunahme
des Dienstleistungssektors erklärt
2.6.1. "Der individuelle Hunger
nach Tertiärem"
2.6.2.
"Der kollektive
Hunger nach Tertiärem"
3. Schlussbemerkungen
AI: Literaturverzeichnis
AII: Tabelle 1
AIII: Tabelle 2
AIV: Abbildung 2 und 3
AV: Tabelle 3 und 4.
1. Definition des Strukturbegriffes
und des Strukturwandels in der Volkswirtschaft.
Innerhalb
der Volkswirtschaft ist der Strukturwandel ein charakteristisches Kennzeichen
sich entfaltender Entwicklungen, im Sinne einer Anpassung an sich wandelnde
Rahmenbedingungen.
Wenn
man von der allgemeinen Definition des Strukturbegriffes ausgeht, wobei
"die Untergliederung einer inhomogenen Gesamtheit in vergleichbare
Teile"[1]
verstanden wird, dann bezeichnet man mit dem Begriff
"Strukturwandel" die "Verschiebung, in der Proportion der
Komponenten zu Abweichungen von der gleichmäßigen homogenen Entwicklung aller
Teile"[2].
Die Aufgliederung der gesamten Volkswirtschaft in einzelne Wirtschaftszweige
bzw. -bereiche ermöglicht eine Betrachtung des
Strukturwandels unter verschiedenen Gesichtspunkten, z.B. als Veränderung der
Anteile einzelner Bereiche an der Gesamtwertschöpfung, am Gesamtumsatz oder an
der Gesamtzahl der Erwerbstätigen einer Volkswirtschaft.
Weiterhin
ermöglicht eine solche Aufgliederungs- und Betrachtungsweise eine Feststellung
der globalen Entwicklungstendenz dieses Wandels, wobei saison- oder konjunkturbedingte
Veränderungen nicht berücksichtigt werden dürfen. Die Anforderungs- und
Fähigkeitsprofile der Beschäftigten werden durch die Zugehörigkeit eines
Betriebes zu einem bestimmten Wirtschaftszweig bzw. -bereich sehr wesentlich
geprägt. Sektorale Verschiebungen wirken sich deshalb immer auch auf
Arbeitskräfte vielseitig aus[3]
2. Das Fourastiésche Modell
2.1. Definition der
Übergangsperiode, des technischen Fortschritts und der Produktivität.
Die
Drei-Sektoren-Hypothese, die von ALLAN G.B. FISHER (1939), COLIN CLARK (1940) und
JEAN FOURASTIÉ (1949) dargestellt worden
ist, drückt seit einigen Jahren den Versuch der Wirtschaftswissenschaftler aus,
einerseits die Richtung des wie oben definierten Strukturwandels festzustellen,
und anderseits eine Prognose darüber zu machen, was unserer heutigen
industriellen Gesellschaft folgen wird. Zweck dieser Arbeit ist eine kritische
Darstellung der Meinung von JEAN FOURASTIE über den Trend des sektoralen
Strukturwandels und insbesondere des Dienstleistungssektors.
Was in der klassischen
Wirtschaftswissenschaft keine Rolle spielt, nämlich die Zeit als historische
Dimension, bildet im Fourastiéschen Modell ein sehr wesentliches Element[4].
Dies wird sofort fühlbar bei der
Einführung von Fourastiéschen Begriff der
Übergangsperiode und eines wirtschaftlichen Gleichgewichts vor und nach ihr
(siehe noch dazu Anhang II).
Während
der Übergangsperiode sollen alle Veränderungen vollzogen werden, unter dem
Einfluss des technischen Fortschritts, (wie Abnahme des landwirtschaftlichen
Sektors, Zusammenbruch der traditionellen Zivilisation, Industrialisierung der
Gesellschaft, Anstieg des Einkommens und Wohlstandes), die einen sehr großen
Teil der aktiven Bevölkerung eines Landes betreffen. Die Übergangsperiode ist
somit der Zeitabschnitt, der das alte Traditionelle von dem neuen wirtschaftlichen
Gleichgewicht trennt[5].
Was
meint aber Fourastié mit "technischem Fortschritt"?
Als
technischen Fortschritt versteht er die Anwendung neuer wissenschaftlicher
Entdeckungen in der Produktion, deren Ergebnis an einem gleichzeitigen Anstieg
der Gesamtproduktion und einer
Einsparung an menschlichen Arbeitskräften gemessen wird[6]. Zweck
der Anwendung des technischen Fortschritts ist nach Fourastié die
Leistungssteigerung der menschlichen Arbeit. Diese Leistungssteigerung lasse
sich durch die Produktivität der menschlichen Arbeit messen. Er definiert
weiterhin die Produktivität der menschlichen Arbeit als ein Verhältnis zwischen
Produktionsvolumen und Beschäftigung, wobei er die Beschäftigung als Verhältnis
zwischen Konsum und Produktivität versteht, um die Produktion dem Konsum
anzupassen, mit der Überlegung, dass man
produziere nur um zu konsumieren.
2.1.2. Die Einteilung der gesamten
Volkswirtschaft in drei Sektoren nach Fourastié
Der
technische Fortschritt ist auch das Abgrenzungskriterium, gemäß dem nach
Fouristié die Wirtschaft in drei Sektoren aufgeteilt wird. Die
Sektorenabgrenzung wird wie folgendermaßen vorgenommen:
- primärer Sektor, mit mittelmäßigem technischem Fortschritt gekennzeichnet; hierzu gehört die Landwirtschaft.
- sekundärer Sektor, mit starkem technischem Fortschritt, der dem industriellen Sektor entspricht.
- tertiärer Sektor, mit sehr schwachem technischem Fortschritt. Er fasst alle übrigen Wirtschaftsbereiche zusammen, wie Handel, Verwaltung, Unterrichtswesen, die freien Berufe und eine große Zahl von Handwerksberufen so wie Justiz und Kirche.
Wichtig ist auch dabei für
Fourastié, dass diese Klassifizierung der Waren und Dienstleistungen nach der Intensität des technischen Fortschritts in dem
Beruf, der sie hervorbringt, sehr oft identisch ist mit der ebenfalls sehr wichtigen
Klassifizierung, die darin besteht, Produkte nach der Bedarfsintensität und
-kapazität des Konsumenten einzuteilen[7] (siehe
noch dazu Anhang III).
2.1.3. Der Einfluss des
technischen Fortschritts auf die gesamte Produktion und Beschäftigung
Nach
der vorangegangenen Definition des technischen Fortschritts und der Aufteilung
der Wirtschaft in drei Sektoren nach dessen Intensität wird offenbart, dass im
Fourastiéschen Modell nicht alle Sektoren des technischen Fortschritts
gleichmäßig begünstigt werden, sondern nur die, in denen derselbe stärker ist,
nämlich der primäre und der sekundäre Sektor. Die Gesamtproduktion steigt
natürlich unter dem Einfluss des technischen Fortschritts, aber ihre Struktur erfährt in Bezug auf die
Anteile der einzelnen Wirtschaftszweige und Sektoren an ihr eine tiefgreifende
Veränderung zugunsten der Sektoren mit großem technischem Fortschritt. Dies
erklärt auch partiell die Zunahme des Dienstleistungssektors nach diesem Modell;
da nämlich der technische Fortschritt in Zweigen und Berufen dieses Sektors als
sehr gering bis null angesetzt wird, übt er auch keinen Einfluss auf die
Produktion dieses Sektors, dessen Güter und Dienstleistungen, wie es in den
folgenden Kapiteln gezeigt wird, immer mehr nachgefragt werden.
Je
mehr sich der technische Fortschritt in der Landwirtschaft durchsetzt, desto
schneller steigt die Produktivität, und nachdem der primäre Konsum zunächst
eine steigende Tendenz zeigt, erfolgt dann die Sättigung; infolgedessen muss
die Beschäftigung abnehmen. Im sekundären Sektor wird zunächst wegen des großen
und dringlichen Bedarfs an Arbeitskräften eine stärker steigende Tendenz
festgestellt als im tertiären Sektor. Aber nach einer bestimmten Zeit wird der
technische Fortschritt so stark wirksam, dass obwohl die Nachfrage ständig
wächst, die Beschäftigung abnehmen muss (siehe noch dazu Abbildung 1 weiter unten)
2.1.4. Die Bedeutung des individuellen
Verbrauchs im Fourastiéschen Modell.
Fourastié behauptet
durch seine "natürliche Struktur des wachsenden Verbrauchs", dass bei
steigendem Einkommen der Anteil der Ausgaben für Nahrungsmittel u. ä. in
demselben immer kleiner wird, dagegen der Mensch immer mehr tertiäre Güter und Dienste
in Anspruch nehmen wird[8].
Er
führt zwei Tabellen an (siehe dazu Anhang V) um zu zeigen wie sich die Verbrauchsstruktur
unter der Wirkung steigenden Einkommens ändert, und wie die Verbrauchsstruktur
der einzelnen Einkommensschichten aussieht.- Dort zeigt sich eine eindeutige
Tendenz zur Sättigung des primären Verbrauchs, die sich nicht nur auf den
primären Sektor beschränkt; sie ist auch im sekundären Sektor zu beobachten, jedoch
in geringerem Ausmaß.
Die Genauigkeitsgrenze dieser
Tabellen liegt sehr niedrig (bei rund 10%); die Ergebnisse aber dieser
Untersuchungen, dass sich nämlich bei
steigendem Einkommen die Güter- und Dienstleistungsnachfrage von Produkten mit
niedrigen zu Produkten mit höheren Nachfrageelastizitäten verschiebt, werden
auch von neueren und genaueren empirischen Untersuchungen bestätigt[9].
Was aber heute fraglich ist, ist
das Ausmaß des Einflusses der Ausgabenstrukturen der privaten Haushalte auf die
Produktionsstrukturen der gesamten Volkswirtschaft. Gerade in kochentwickelten
Wirtschaften, die mit einer zunehmenden Arbeitsteilung und Spezialisierung,
einer immer weiterreichenden Produktionstiefe und einer ständigen Verbreitung
der intersektoralen Verflechtungen gekennzeichnet sind, wird die Bedeutung des
oben genannten Einflusses immer geringer. Wenn nur der Konsum der privaten
Haushalte betrachtet wird, könnte man annehmen, dass dieser nichts anderes
erklärt, als den Lebenszyklus der Produkte auf dem Weg vom Luxus- zum Massengut.
Höhere Einkommenselastizitäten der Ausgaben der privaten Haushalte für
Dienstleistungen als für Industrieerzeugnisse erlauben schließlich keine
Aussagen über das Verhalten der übrigen Endnachfrager[10]
Außerdem
wird im Fourastiéschen Modell kaum die Bedeutung der Auslandsnachfrage
berücksichtigt. Dabei muss man bedenken, dass unter den hochentwickelten
Ländern die internationalen wirtschaftlichen Verflechtungen um so größer sind
je kleiner das Land ist, und darüber hinaus der Anteil der Auslandsnachfrage an
der Gesamtnachfrage des betreffenden Landes ( deshalb ist die internationale
wirtschaftliche Verflechtung der Bundesrepublik Deutschland viel höher als die
der USA).
Änderungen
in den internationalen Austauschbeziehungen beeinflussen die inländische
Strukturbildung wesentlich. Aus diesem Grunde wird für eine Diagnose des
Strukturwandels die Berücksichtigung sowohl der Auslandsnachfrage wie auch der
internationalen Austauschbeziehungen (insbesondere seit Freigabe der Wechselkurse)
unerlässlich[11].
2.1.5. Die Entwicklung des
Dienstleistungssektors innerhalb der Übergangsperiode.
Nach
allen vorangegangenen Überlegungen stellt sich Fourastié die Entwicklung der in
drei Sektoren aufgeteilten aktiven Bevölkerung wie auf der folgenden Abbildung
vor:
Entworfen
und gezeichnet von Jean Fourastié: Gesetze der Wirtschaft von morgen,
1. Auflage ins Deutsche übertragen von Fildegard Krage Düsseldorf und Wien 1967, S. 216.
1. Auflage ins Deutsche übertragen von Fildegard Krage Düsseldorf und Wien 1967, S. 216.
Diese
graphische Darstellung zeigt, dass die erwerbstätige Bevölkerung zunächst aus
der Landwirtschaft vertrieben wird, dann aufgrund der Produktivitätssteigerung
in den verschiedenen Industriezweigen auch aus der Industrie.
Gerade
dieser Beschäftigungsrückgang hat sinkende Preise und eine steigende Kaufkraft
zur Folge. Die erwerbstätige Bevölkerung findet Aufnahme im tertiären Sektor,
wo sich gegenwärtig aber auch nicht in der fernen Zukunft eine Saturierung der
Bedürfnisse ankündigt. Im Gegenteil, je mehr sich in einem Land der technische
Fortschritt durchgesetzt hat, um so knapper und teurer sind die Güter des
tertiären Sektors.
Fourastié unterscheidet innerhalb der Übergangsperiode drei Phasen[12] (siehe
noch dazu Anhang IV und Anhang II):
- In der STARTPHASE wächst die Zahl der Beschäftigten im sekundären Sektor wegen des Bedarfs zum Bau der ersten Maschinen, die von Menschenhand gebaut werden mussten. Dafür mussten Arbeitskräfte aus der Landwirtschaft abgezogen werden.
- In der EXPANSIONSPHASE offenbaren sich die Auswirkungen des inzwischen in Landwirtschaft und Industrie angewendeten technischen Fortschritts vielseitig:
- Die Zahl der sekundären Beschäftigten wächst nicht mehr. Darüber hinaus besteht keine Notwendigkeit mehr zum Abzug von Arbeitskräften aus der Landwirtschaft.
- Es gibt in keinem Wirtschaftszweig Überfluss an Arbeitskräften, sondern überall nur mehr Zuwachs.
- Die Vollbeschäftigung in Zusammenhang mit der Massenproduktion und den neuen Konsummöglichkeiten bewirkt einen ständigen Anstieg des Lebensstandards[13].´
- Die ABSCHLUSSPHASE ist mit der drastischen Verringerung der Zahl der in der Industrie (sekundären) Beschäftigten gekennzeichnet, wahrend. der Anteil der tertiären Beschäftigten immer weiter zunimmt.
Fourastié schätzt, dass die
Zunahme der Beschäftigten im tertiären Sektor nicht auf 100%. der aktiven
Bevölkerung steigen kann, da unter den besten Voraussetzungen und Annahmen
immer noch einige Menschen in Landwirtschaft und Industrie bleiben müssen, um
mindestens die Maschinen zu bedienen. Er schätzt also, dass der Anteil der im
primären und. im sekundären Sektor beschäftigten aktiven Bevölkerung insgesamt
20% einnimmt, 10% jeweils, ohne diese Grundtendenz zu verändern, auch wenn wir
statt 10%o, 5% annehmen würden. Es bleibt also ein Anteil für die
tertiären Beschäftigten, der maximal bei rund 80% liegt. Wenn die Zahl der
tertiären Beschäftigten sich in einer großen Nation diesem Wert von 80% ,
nährt, ist die Übergangsperiode beendet.
2.1.5.1. Wie Fourastié die
Zunahme des Dienstleistungssektors erklärt.
Fourastié
sieht die Abwanderung aus Berufen des primären Sektors in Berufe des tertiären
Sektors, gepaart mit einer tiefgreifenden Wandlung innerhalb der Berufe der
beiden Sektoren und mit einer raschen Erhöhung der beruflichen Qualifikation
und. der Technisierung einhergehen.
Die Abwanderung in qualifiziertere Berufe ergibt sich nach Fourastié aus zwei Gründen: einmal, weil im Durchschnitt die Berufe des tertiären Sektors größere Berufskenntnisse voraussetzen als die des sekundären und des primären Sektors und weil in jeder Berufssparte die Arbeit "wissenschaftlicher" wird.
Die Abwanderung in qualifiziertere Berufe ergibt sich nach Fourastié aus zwei Gründen: einmal, weil im Durchschnitt die Berufe des tertiären Sektors größere Berufskenntnisse voraussetzen als die des sekundären und des primären Sektors und weil in jeder Berufssparte die Arbeit "wissenschaftlicher" wird.
Er
betrachtet die Entwicklung der drei Sektoren am Beispiel des
fortgeschrittensten Landes seiner Zeit, der Vereinigten Staaten von Amerika,
und stellt fest: während in diesem Land eine gewisse Tendenz zur Sättigung an
sekundären Gütern zu beobachten ist, gibt es nicht die geringste tertiäre
Sättigung. Zur Erläuterung dieses Phänomens nennt Fourastié zwei Gründe[14]:
2.1.5.1.1. "Der
individuelle Hunger nach Tertiärem"
Dieser
erste Grund bezieht sich auf das Verhalten des Individuums während und nach der
Übergangsperiode.
Nach
einer Zeit unmäßigen sekundären Konsums und täglicher Arbeit, merkt der Mensch
irgendwann, dass er wenig Zeit hat diese Güter, die er gekauft hat, auch zu
genießen oder zu benutzen. So beginnt er immer mehr Dienstleistungen in Anspruch
zu nehmen, um Zeit zu sparen. Dabei muss man noch bedenken, dass die Kaufkraft
des durchschnittlichen Menschen nicht unbegrenzt ist, er also für die
Inanspruchnahme eines tertiären Dienstes auf einen nicht so notwendigen sekundären
Konsum verzichten muss.
Dagegen
bleiben Dienstleistungen aus Berufen des tertiären Sektors gefragt, gleichgültig,
ob es nun darum geht, dass die Milch ins Haus geliefert werden soll, oder ob es
sich um Schulbildung, Touristik, um Kinos oder
Symphoniekonzerte handelt. Je reicher er wird, um so mehr steigt auch
sein Bedarf an Dienstleistungen; denn Dienstleistungen schenken dem sich unter
Zeitdruck befindenden Menschen Zeit, z.B. bei der Lieferung von Waren ins Haus
oder bei der Inanspruchnahme einer Haushaltsgehilfin.
Dazu
muss man noch rechnen, dass er eine gute Bildung für sich und. seine Kinder
fordert, und seinen persönlichen Geschmack verfeinert, wie z.B. keine
Konfektionskleidung mehr, guten Wein usw.
2.1.5.1.2. "Der kollektive
Hunger nach Tertiärem"
Dieser
zweite und wichtigere Grund bezieht sich auf das Verhalten der gesamten Volkswirtschaft
in ihren verschiedenen Institutionen und Wirtschaftszweigen gegenüber der sich
aus dem technischen Fortschritt ergebenden Situation. "Der technische
Fortschritt entspringt aus der wissenschaftlichen Arbeit und seine
Verwirklichung erfordert gedankliche Vorbereitung, Organisation und Planung
der industriellen Aufgaben... Bei manuellen Beschäftigungen ermöglicht der
technische Fortschritt durch die Verwendung mechanischer Energie eine starke
Erhöhung der Produktivität. In den geistigen Berufen wurden hingegen keine
wesentlichen Fortschritte gemacht; trotz Telefon, Schreib-, Buchführungs- und
hochentwickelten Rechenmaschinen braucht man heute ebenso viel Zeit (und im
allgemeinen sogar mehr) als früher, um einen Fall zu klären, Arbeitsplätze
aufzustellen, Personal einzustellen, Aufgaben abzugrenzen und ein Geschäft oder
eine Rechtssache vorzubereiten"[15].
Fourastié
stellt sich die zukünftige Produktion als einen sehr komplizierten Mechanismus
vor, in dem ein erdrückend großer Teil der Beschäftigten zur Beobachtung,
Vorbereitung, Planung und Forschung benötigt wird, während eine kleine Zahl von
Arbeitskräften sie ausführen wird. Er berechnete, dass im Jahre 1948 die
Wirtschaft der USA 50%„ ihrer aktiven Bevölkerung im tertiären
Sektor beschäftigte und hatte folgenden Gedanken[16]:
Wenn die Produktivität konstant
bliebe, dürften die USA nicht hoffen, dass sie ihre tertiäre Produktion in der
Zukunft verdoppeln könnten, weil sie sonst die Gesamtheit ihrer aktiven
Bevölkerung in den tertiären Sektor versetzen müssten. Das Meiste, das
erreichen könnten, wäre eine Steigerung des Anteils der tertiären Beschäftigten
auf 80-höchstens 90% der gesamten Beschäftigten, um somit eine entsprechende
Erhöhung der tertiären Produktion zu verwirklichen, da der geringe technische
Fortschritt in diesem Sektor keine drastische Produktivitätssteigerung bewirken
kann, die erst mal die Zunahme der Beschäftigten dieses Sektors anhalten und
eventuell später sogar senken könnte (wie es z.B. der Fall im industriellen
Sektor ist). Er rechnet jedoch mit einer langsamen Aufbesserung der tertiären
Arbeitsproduktivität, schließt aber auch
in den reichsten Ländern eine Verdoppelung der damaligen (1948)
Arbeitsproduktivität und eine Vervierfachung der damaligen tertiären Produktion
vor dem Jahre 2000 aus, unter der Voraussetzung, dass die Arbeitszeit nicht
verkürzt wird. Im Hinblick aber auf den individuellen Verbrauchsbedarf im Jahre
2000 wird von Fourastié eine Vervierfachung der dem einzelnen Verbraucher zur
Verfügung stehenden Menge an tertiären Gütern und Diensten als lächerlich wenig
bezeichnet Er hält sogar die Annahme nicht für übertrieben, dass eine Sättigung
an tertiären Gütern und Dienstleistungen nicht
vor einer Verzwanzigfachung des tertiären Verbrauchs zu erwarten ist.
3. Schlussbemerkungen
Aus
den letzten Fourastiéschen Überlegungen geht deutlich hervor, dass es in der
Zukunft zu einem Engpass wegen der Knappheit der tertiären Güter und
Dienstleistungen im Vergleich zu ihrer Nachfrage für die Menschheit kommen
soll; außerdem soll der zukünftige Wohlstand gefährdet sein, wegen der
außerordentlichen Steigerung der tertiären Preise.
Heute
werden die Vorstellungen von Fourastié wie auch seine Einteilung der Wirtschaft
in drei Sektoren nicht vorbehaltlos akzeptiert. Die Kritikpunkte setzen vor
allem bei der Zuordnung der Wirtschaftszweige zu den einzelnen Sektoren gemäß
dem gestellten Abgrenzungskriterium ein; es gäbe nämlich danach auch Bereiche,
die einen technischen Wandel erleben, die früher nicht betroffen wären.
Aus
diesem Grunde kämen die innerhalb der Sektoren stattfindenden umfangreichen differenzierten
Strukturverschiebungen, wie z.B. Veränderung der Betriebsgrößen, der Erwerbstätigenstruktur,
der Güterproduktion und der Wertschöpfung, nicht zum Ausdruck.
Insbesondere
halten aber viele Kritiker die Abgrenzung des Dienstleistungssektors für
unhaltbar:
Sie
meinen, dass Fourastié die Innovation der Mikroelektronik und
Informationsbearbeitung nicht vorhersehen konnte und deshalb einen
Dienstleistungssektor definiert hat, der die Informationsbearbeitung umfasst.
Aus diesem Grund wurden im Rahmen einer OECD- Aktivität Überlegungen
angestellt, auf der Basis der Definition eines "Informationssektors"
einen vierten Sektor zu definieren. Für die Bundesrepublik Deutschland liegt
ein Arbeitspapier vor, in dem für das Jahr 1976 der Anteil der Erwerbstätigen,
die dem Informationsbereich zugeordnet werden können, bei etwa 38% lag[17].
Außerdem
seien auch im primären und sekundären Sektor Dienstleistungsberufe zu finden,
die heute noch nicht statistisch ausgewiesen werden, obgleich sie dem tertiärem
Sektor zugeordnet werden müssten.
Es
ist zwar richtig, dass Fourastié immer wieder den einzelnen Sektoren bestimmte
Wirtschaftszweige zuordnete, doch betonte er ausdrücklich, dass es sich hierbei
um keine katalogisierte Aufzählung handelt, sondern um eine Vereinfachung der
Darstellungen und Erläuterungen[18].
Für ihn ist ausschließlich der technische Fortschritt für die Einordnung eines
Wirtschaftszweiges maßgebend, d.h. die Inhalte der einzelnen Sektoren sind im
Zeitablauf veränderlich[19].
Fraglich ist allerdings unter dem Gesichtspunkt eines derartigen technischen
Fortschritts die Prognose von Fourastié bezüglich der zukünftigen
Entwicklungstendenz: Mit dem Eindringen der Mikroelektronik in viele
Wirtschaftsbereiche, die er damals dem tertiären Sektor zuordnen konnte,
könnten die Beschäftigtenanteile in der tertiären Zivilisation von den
antizipierten Strukturen deutlich abweichen.
Anhang I
Literaturverzeichnis
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Anhang II
Quelle: Fourastié, Jean: Die große
Hoffnung des zwanzigsten Jahrhunderts. 3. Auflage, ins Deutsche übertragen von
B. Lutz, Köln/Deutz 1954, Seite 279.
Anhang III
Quelle: Fourastie,
Jean: Gesetze der Wirtschaft von morgen. 1.
Auflage ins Deutsche übertragen von Hildegard Krage. Düsseldorf und Wien 1967;
S. 29.
Diese
K1assifizierung begründet Fourastié wie folgt: Obwohl. der Bedarf der
Menschheit an Nahrungsmitteln am stärksten ist, tritt dort eine Saturierung am
ehesten ein, weil wir eben, wie er bildhaft beschreibt, nur einen einzigen Magen
haben. Mit einer Saturierung bei den Produkten des sekundären Sektors ist so
bald nicht zu rechnen, denn um sie auszuwerten, braucht der Mensch sie nicht
erst anzuverwandeln.
Die Produkte und Dienstleistungen
des tertiären Sektors sind nicht so lebensnotwendig; sie werden jedoch von den
Bevölkerungsgruppen mit hohem Lebensstandard immer mehr gefragt. Sie befriedigen
den Bedarf an Freizeittätigkeiten (wie z.B. Theater, Schauspiel, Kunst,
Tourismus) oder schaffen eine bessere Organisation und Ablauf der
wirtschaftlichen Tätigkeiten (wie z.B.. Dienstleistungen im Handelsverkehr, im
Bereich der Industrie und des Unternehmens). Zum Teil sind sie auch für die
primäre und sekundäre Produktion unersetzlich (wie z.B. Bildungswesen, Forschung,
Verwaltung).
Anhang IV
Anhang V
Tabelle 3: Veränderungen in der
Verbrauchsstruktur unter der Wirkung steigenden Einkommens (Preußen, 1860)
Quelle: Fourastie, Jean: Die große
Hoffnung des zwanzigsten Jahrhunderts, 3. Auflage, ins Deutsche übertragen von
B. Lutz, Köln/Deutz 1954; Seite 85 f.
[1] Willms, Manfred:
Strukturpolitik, in: Vahlens Kompendium der Wirtschaftstheorie und
Wirtschaftspolitik, 2. Auflage München 1985; S. 363.
[2] Niehans, J.: Strukturwandlungen
als Wachstumsprobleme, in: Neumark, F.(Hrsg.):
Strukturwandlungen einer wachsenden Wirtschaft (Schriftenreihe des
Vereins für Sozialpolitik,
Band 30/1), Berlin 1964; S. 19.
[3] Weisbarth, Inge: Bildungs- und
Beschäftigungssystem im Wandel. Europäische
Hochschulschriften, Reihe V: Volks-und Betriebswirtschaft. Frankfurt am
Main 1983; S. 106.
[4] Vgl. Fourastie, Jean: Die große
Hoffnung des zwanzigsten Jahrhunderts; 3. Auflage ins Deutsche
übertragen von
Burkart Lutz, Köln/Deutz 1954; im Vorwort des Übersetzers, S. 16 f.
[6] Vgl. Fourastie, Jean: Gesetze der
Wirtschaft von morgen. 1. Auflage ins
Deutsche übertragen von
Hildegard Krage, Düsseldorf und Wien 1967; S.
25, 30 und 252.
[7] Fourastié, Jean: a.a.O., S. 28.
[8]
Kuznets, S.: Economic growth of nations. Total Output and production structure.
Cambridge/Mass
1971,
S. 111.
[9] Kuznets, S.:
a.a.O.
[10] Vgl. Thoben, Chr.: Strukturdiagnose in der Marktwirtschaft, Berlin 1977. Schriftenreihe des
rheinisch- westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung, Essen. Heft 40, S. 26.
[11] Vgl. Thoben, Christa: a.a.O., S. 28 f.
[10] Vgl. Thoben, Chr.: Strukturdiagnose in der Marktwirtschaft, Berlin 1977. Schriftenreihe des
rheinisch- westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung, Essen. Heft 40, S. 26.
[11] Vgl. Thoben, Christa: a.a.O., S. 28 f.
[12] Vgl. Fourastié, J.: Die große
Hoffnung des
zwanzigsten Jahrhunderts. 3. Auflage ins Deutsche
übertragen von B. Lutz. Köln/Deutz 1954; S. 133 ff.
übertragen von B. Lutz. Köln/Deutz 1954; S. 133 ff.
[13] Lebensstandard eines Volkes ist die Kaufkraft seines
Einkommens ausgedrückt in Geld
(Fourastié, J.: a.a.O., S. 242).
[14] Vgl. Fourastié, J.: a.a.0.: S. 274 ff.
[15] Fourastié, Jean: a.a.O., S. 276.
[16] Vgl. Fourastié, Jean: a.a.O., S. 271 ff.
(Fourastié, J.: a.a.O., S. 242).
[14] Vgl. Fourastié, J.: a.a.0.: S. 274 ff.
[15] Fourastié, Jean: a.a.O., S. 276.
[16] Vgl. Fourastié, Jean: a.a.O., S. 271 ff.
[17] Dostal, Werner: Bildung und Beschäftigung im
technischen Wandel. Beiträge zur
Arbeitsmarkt -und Berufsforschung, BeitrAB 65. Herausgeber: Institut für Arbeitsmarkt- und
Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit, 2. Auflage, Nürnberg 1983. S. 31.
Arbeitsmarkt -und Berufsforschung, BeitrAB 65. Herausgeber: Institut für Arbeitsmarkt- und
Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit, 2. Auflage, Nürnberg 1983. S. 31.
[18] Fourastié, Jean: a.a.O., S. 80 f.
1.
Auflage ins Deutsche übertragen von Hildegard Krage, Düsseldorf und Wien 1967;
S. 212.